Während alle anderen zum Muttertag meist hübsch dekorierte Frühstückstafeln, zu Ehren der Mutter gemalte Kinderbildchen und wunderbar in Szene gesetztes Mamaglück posten, hat sich Fotograf Terry Richardson entschieden das Ganze etwas anders aufzuziehen.
Zum Muttertag postete er auf seinem Instagram-Account das Foto seiner stillenden Freundin. Nämlich dieses hier:
Sogleich machte sich große Empörung in den Medien breit.
Ja, man sieht ein wenig ihrer nackten Brüste. Na und? Das sieht man inzwischen überall. Ganz ehrlich. Wo man geht und steht wird man in irgendeiner Form mit Nacktheit konfrontiert. Das halbe Vorabendprogramm besteht aus Brüsten.
Ein „Skandal“ sei das, lese ich da. Was genau denn jetzt? Dass man Brüste sieht oder, dass sie damit ihre Kinder stillt?
Und „große Aufregung“ herrsche nun, nur weil ein Mann auf seinem mehr oder weniger privaten Account zeigt, was bei ihm zuhause grad los ist. Ich bin verwirrt. Machen das nicht inzischen alle?
Da gibt´s doch welche, die posten Hundehaufen, weil sie das toll finden, andere posten ständig Bilder ihrer aufgemotzten Autos, dann gibts welche, die finden nackte Füße fotografierenswert und wieder andere veröffentlichen eben so etwas.
IHR MÜSST DOCH NICHT HINSEHEN, denke ich mir in solchen Momenten und verstehe ganz ehrlich unsere Welt nicht mehr und so langsam fehlen mir auch die Worte meinem kleinen Sohn diese seltsame Welt zu erklären, auf die ich ihn geholt habe.
„Schamlos“, „pornographisch“, „widerwärtig“ seien die Bilder. So etwas musste sich Terry Richardson nun von anderen sagen lassen, nur weil er seine eigene Freundin zeigt, wie sie das Natürlichste auf der ganzen Welt macht: Stillen.
Andere laden ihre Nümmerchen bei Youporn hoch und jeder kann sie sehen.
Geht´s noch?
Genau genommen sieht man bei seiner Freundin Alexandra nicht mehr vom Busen als würde sie einen dieser schrecklichen Bikinis tragen, die nur die Nippel verdecken. Als Höschen dient dann meist eine Art Faden hinten und vorne und schon ist das Strand-Ensemble perfekt.
Sind mir beim letzten Italienurlaub einige davon begegnet. Da rennt dann komischerweise aber keiner rum und schreit Skandal! Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der deswegen zur spontanen Demo aufruft und die nackten Mädels zwingt, sich was überzuwerfen. Ich persönlich wundere mich zwar ab und zu durchaus, warum diesen Damen niemand gesagt hat, dass weniger nicht immer mehr ist, aber wenn die das schön finden, was geht es mich an. Ich muss ja nicht hinsehen! Was ich im Übrigen auch nicht tue.
Nun geht es hier aber nicht um etwaige modische Verfehlungen, sondern um etwas, das so unschuldig ist, dass ich gar nicht verstehe, wie man damit heutzutage noch provozieren kann, auch wenn das mit Sicherheit die Intention des berühmt-berüchtigten Fotografen war. Eigentlich traurig, dass er sein Ziel erreicht hat. In einer Zeit, in der schon so mancher Grundschüler viel schlimmeres in der großen Pause auf seinem Handy sieht, soll das wirklich ein Skandal sein? Ich lach mich tot.
Ich bin so genervt von dieser allgegenwärtigen Doppelmoral.
Vor allem, weil der empörte Aufschrei meistens von den Kerlen am lautesten ist, die unterm Bett ihre zerfledderten Pornohefte horten und dreimal die Woche vom schmutzigem Treiben mit ihrer Nachbarin träumen, während die Frau in der Küche brav die Kartoffeln schält. Oder von frustrierten Frauen, die die Ehegattinnen solcher Männer sind.
Ich kann echt nicht fassen, dass in einer Zeit, in der man sich über so vieles offensichtlich Schreckliches aufregen könnte ausgerechnet ein solches Foto zum Anlass einer Netzdiskussion wird.
Das unschuldige, ehrliche, authentische Foto einer stillenden Zwillingsmama auf Instagram, das man sich gar nicht ansehen muss, wenn man nicht möchte!!! Verrückt.
Hätte Terry Richardson Postwurfsendungen daraus gemacht oder alle Litfaßsäulen dieser Erde damit zugeklebt oder einen Fernsehsender in seine Gewalt genommen und diesen gezwungen in 24 Stunden-Dauerschleife sein Bild zu senden, ich könnte die Aufregung verstehen. Hätte er die Weltherrschaft an sich gerissen und würde nun alle Menschen nötigen, ihre Zimmerwände mit seinem Foto zu tapezieren, ich könnte die Empörung nachvollziehen.
Aber hallo? Schaut doch einfach nicht auf seinen Account und schon hat sich das Ding erledigt!
Aus meiner ganz persönlichen Sicht ist das FOTO einer stillenden Mutter mit das schönste und friedlichste Motiv, das ich kenne. Es ist so voller Wunder und bis heute bin ich fasziniert von der Tatsache, dass wir Frauen in der Lage sind mit unserem eigenen Körper einen anderen Menschen zu ernähren.
Und auch, wenn ich mich selbst aus vielerlei Gründen (nachzulesen hier) entschieden habe, selbst nur sechs Wochen zu stillen und es aus heutiger Sicht wahrscheinlich gar nicht mehr machen würde, so freue ich mich für jede Mama, die sich dafür entscheidet und es in vollen Zügen genießt.
Das heißt im Umkehrschluss übrigens nicht, dass ich mega scharf drauf bin, dass in Zukunft alle Mamas im Café kollektiv ihren Busen neben mir auf den Tresen packen, ich gebe zu, selbst ich würde das leicht befremdlich finden, aber ganz im Ernst, wann kommt das schon mal vor?
Tja, und selbst wenn, die Nachrichten sind voll von Menschen, die heute mit dem Bild eines toten Freundes oder Familienmitglieds ins Bett gehen müssen, die wären sicher glücklich, sie wären nur mit dem Foto der stillenden Freundin von Terry Richardson konfrontiert worden…
Bild: Instagram/Terry Richardson
Copyright © MOMMIES USE SIDE DOOR 2015. All rights reserved.
Sonderlich „ästhetisch“…im Sinne von „schön“…im Sinne von „die Schöhnheit des Stillens“…finde ich das Bild auch nicht… Bin sogar ziemlich sicher…würde eine „attraktivere“ Frau/Mutter in einem „passenderen“ Ambiente zu sehen sein und hätte nich Richardson fotografiert…wäre das Echo ein komplett anderes – sicherlich wieder mit paar Leuten…die genau dann das „künstliche“ zu bemängeln hätten…
Damit man mich nich falsch versteht: Ich persönlich habe überhaupt nix gegen solche Bilder…und sich darüber aufzuregen gelingt wohl auch nur Menschen…die ihrer eigenen moralaffinen Selbstgerechtichkeit untertänich sind…
Trotzdem bin ich relativ froh…nich immer und überall damit konfrontiert zu werden… So bin ich doch der Meinung…dass dieser besondere Akt zwischen Mutter und Kind ein sehr persönlicher is und das auch bleiben sollte…
Wieder ganz toll geschrieben!
Danke Dir liebe Sabine!!!!